Bild Umschlag
«Schnee im Oberland», 1965
Bild Seite 1
«Der Galeriebesitzer», 1965
Bild Seite 2
«Am Viehmarkt», 1965
Bild Seite 3
«Weinlese, Sternenhalde», 1966
Bild Seite 4
«Abend am See», 1965
Bild Seite 5
«Martin mit dem Mädchen
Bauer mit Kuh», 1955
Bild Seite 6
«Der Zeichner in den Dünen», 1965

Besuch bei Karl Landolt

 

Er schaffte sich eine Arbeitsstätte in der Scheune neben dem grossmütterlichen Haus, das er mit seiner holländischen Frau und fünf Kindern bewohnt. Hier, wo einst Schafe gehalten wurden, hat er sich im obern Stock ein Atelier mit Oberlicht und Blick auf den See eingerichtet, und zu ebener Erde findet sich der Werkraum mit Handpresse und vielen Schränken für Bilder, Rahmen, Leinwände, Farben und Holzstöcke. Unser Besuch gilt dem Holzschneider; aber die Ölbilder, die da hangen, stehen und liegen, kann man nicht übersehen: sie sind Stätten der farbigen Zwiesprache, ja des Streitgesprächs mit der sichtbaren Aussenwelt, Umsetzungen von Landschaftsmimik in den persönlichen Ausdruck des von der Landschaft Angesprochenen. Unter den Schwarzweiss-Blättern, die Karl Landolt mit gespannter Gelassenheit aus den Laden eines alten Handsatzschrankes zieht und den Besuchern vorlegt, sind etliche Abzüge grossformatiger, breiter Schnitte, daneben nur vereinzelte, die sich zur Wiedergabe im Buchformat oder in einer Zeitschrift eignen. Der Maler ist somit nicht Illustrator; seine Schnitte erheben Anspruch auf eigenen Bildwert, und ihr Inhalt bedarf keiner Zugabe im Wort. Hier finden sich oft Tiere, von Menschen gehütet oder getrieben: Rinder, Ziegen, Hunde, aber auch Zirkustiere: Elefanten und Tiger, und wenn eine Landschaft das Motiv beherrscht, schieben sich zumeist Bäume vor, vereinzelt oder in Gruppen, oder es schneit oder regnet. Die Natur ist da, und es fehlt kaum je der Mensch in ihr. Als Holzschneider bevorzugt Karl Landolt den breitlaufenden Kontur, der nicht mehr als blosse Umrisslinie gelten kann; das Innenbild setzt sich aus kräftig ins Holz gekerbten Flächen und Bruchstücken von Flächen zusammen: neben den hellen Vertiefungen behaupten sich fleckenhafte und kantige Überreste von Dunkelheiten.
Karl Landolt wurde 1925 in Stäfa am Zürichsee geboren. Während seiner Lehrzeit war ihm Fritz Deringer Freund und Berater. Er besuchte die Kunstgewerbeschule Zürich (Ernst Gubler, Heinrich Müller); es folgte ein Studienaufenthalt in Paris. Nun schloss sich jahrelange Mitarbeit in der Backstube des Vaters an. Schliesslich machte er sich als Maler selbständig, und heute unterrichtet er als Fachlehrer für Zeichnen an der Kantonssch ule in W interthur. In einer Sel bstdarstellung schreibt er: «Mit der Heimkehr (von Paris) war meine Freiheit wieder dahin; es war November, Weihnachten stand bevor, und in der Backstube meines Vaters wurde ich tüchtig eingespannt. Ich tröstete mich so gut es ging mit dem grossen Claude Lorrain und mit Ludwig Vogel, die beide auch eine Zeitlang mit der einen Hand Teig kneteten und mit der andern malten. Auch der junge Adolf Stäbli musste sich mit Mohrenköpfen plagen. Dieses berufliche Doppelleben dauerte einige Jahre bis sich ein Weg fand, der mir die Erfüllung meines Wunsches ermöglichte, Maler sein zu können.»

 

Traugott Vogel

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