Im Herbst sammle ich vertrocknete Pflanzen, verdorrte Triebe, Blätter, Samen und Samenkapseln. Ich schneide Weidenruten für Stecklinge. Baumnüsse, Haselnüsse, Hagebutten, Eicheln und diverse Knollen aus dem Garten liegen in meinem Atelier. Ich will alles zeichnen, festhalten, begreifen.
Ich träume von einem Raum der gefüllt ist mit meinen Büchern. Sie liegen überall, übereinander, gestapelt, in Reihen, Rücken an Rücken aber niemand kann sie öffnen.
Blütenblätter. Frühling. Die ersten Blumen. In meinem Garten vor allem Krokus. Hunderte der Knollen scheinen über Nacht explodieret zu sein. Ein weiss – violetter Blütenteppich. Eine rötliche junge Katze rennt aufgeregt um die zwei Teiche vor meinem Fenster. Unzählige Frösche lassen sich mit weit gespreizten Schenkeln im Wasser treiben, um sich von hinten bespringen zu lassen. Wenn die Katze zu nahe kommt, tauchen die Frösche ab und lösen sich von einander. In den Teichen sprudelt es wie in Suppentöpfen. Nach einigen Minuten der totalen Stille erscheinen die schwarzen Köpfe wieder, den Blick gegen den Teichrand gerichtet. Aufreizend schwimmen sie in optimale Positionen, damit sich neue Männchen um sie kümmern.
Dunkle Fleischknollen hüpfen durch den Garten.
Auf dem Hausdach sitzt schon der Fischreiher und späht auf sein quirliges Futter.
Die Katze hat ihre Tatze in einen weichen Rücken geschlagen.
Eine Amsel klatscht frontal in die Fensterscheibe.
Drinnen sitze ich und zeichne fein geschwungene jungfräuliche Blütenblätter.
In der Nacht ist alles zugeschneit. Der Garten ist ein weisses Feld. Die zarten Blumen liegen unter einer dicken weissen Schicht. Die Frösche verharren ruhig im Wasser unter dem Eis und warten. Die Blumen in den Töpfen werden zu starren weissen Skulpturen.
Ich träume von weissen Gestalten, die auf weissen Blütenblättern, wie Schnee vom Himmel schweben.
Die Sonne wird das kalte Weiss wegschmelzen und die Keimlinge werden treiben.
Josef Felix Müller im Frühjahr 2008
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