Sternenhimmelforscher
Du liegst auf dem Rücken, schaust in die Nacht. Gelangst in einen beinahe schwerelosen Zustand: Alles ist möglich. Begreifen, was da draussen ist. Du, ein Partikelchen im All, blickst in die Unendlichkeit. Was heisst es, auf der Welt zu sein?
Nichts ist einfacher, als einen Sternenhimmel zu zeichnen: Alles was du brauchst ist ein dunkler Grund, ein paar helle Punkte. Jeder erkennt, was das ist. Dieser unglaublich komplizierte Nachthimmel, dieses niemals ergründbare, unendlich faszinierende All, ist ein stupides Motiv. Banalster Vorgang, zufälliges Streuen. Aber warum hier und nicht da? Liegen diese zwei Punkte auf einer Ebene dicht nebeneinander, oder sind sie Lichtjahre voneinander entfernt? Und dieses Tüpfchen: Es existiert schon lange nicht mehr.
Verteile die Punkte – und du schwebst im Universum.
Die Nacht in vier Segmenten, vier Blicke in den Nachthimmel.
Du, ein Sternenhimmelforscher: L’heure bleue, erst wenige Sterne sichtbar, der Himmel in schläfriges Blau getaucht. Der letzte Moment, in dem das Sonnenlicht noch wirkt. Schwarz wie die Nacht. Sternennebel ziehen Schlieren, die Milchstrasse erscheint. Der Kontrast schmerzt die Augen. Entspanne und warte ab: Wenn du lange schaust, ist da nicht mehr Dunkelheit, sondern Tiefe, Raum. Du siehst nicht mehr die Punkte, das All tut sich auf. Wieder kommt Licht ins Dunkel, der Raum schliesst sich, ein neuer Tag bricht an.
Annina Schneller
siehe auch: | Wolfgang Zät |