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Auch wenn Rolf Urban für seine Bilder Schnitte in Holztafeln setzt, auch wenn er von geschnittenen Holzstöcken druckt oder vielmehr gedruckt hat, denn er vermeidet dies seit einiger Weile, so ist er doch nicht als Holzschneider im klassischen Sinne zu betrachten.
Was aber ist er, was ist seine Arbeitsweise? Zum einen, wie schon gesagt, die Aus-ker-bung des Holzes entsprechend vorgezeichneter Lineamente und Flächen. Doch nachdem er diese mit Schnitten bearbeiteten Tafeln heute nicht mehr als Druck-stöcke verwendet, die Flächen nicht einfärbt, sondern regelrecht mit Ölfarben bemalt und auch die Auskerbungen mit Schwarz optisch zusätzlich vertieft, verstärkt sich der Eindruck, dass hier einer am Werk ist, der das raumbildende Potential des Schneidens in die Holzfläche erkundet.
Genau genommen ist jeder Schnitt (ins Holz) eine plastische Formung: Die Kerbe, die eingeschnittene Flächenform bilden eingesenkte Räume im Verhältnis zur Fläche. Dies ist ein wesentlicher Ansatzpunkt für die Arbeit von Rolf Urban: Das im Hochdruck übliche Gegenspiel von Positiv und Negativ erscheint bei ihm transformiert in ein Spiel des vorn und hinten, der Fläche und Vertiefung, des Farbkörpers und der Schattenfugen.
Die in den letzten Jahren immer seltener als Druckstöcke, sondern mehrheitlich als objekthafte Bildwerke sui generis geschaffenen Holztafeln und -bohlen, oft einfache Fundhölzer mit «Lebensspuren», stehen zentral im Werk. Darum herum siedeln Foto-/Laserprintarbeiten, Bleistift/Kohlezeichnungen und neuerdings flache Kastenkonstruktionen, die nun gebaute, nicht «skulpierte» Licht-/Schattenräume bilden. Keine Architekturmodelle, wohlgemerkt, auch wenn ein nur flüchtiger Blick auf diese Wandobjekte dazu verleiten möchte. Diese falsche Annahme ist schnell korrigiert, legt man einen der Kästen flach auf den Tisch oder Boden, wie es sich für ein architektonisches Modell geziemte. Der Lichteinfall ist anders, und es ist absolut deutlich, dass hier keine realen Räume modellhaft antizipiert werden, auch nicht die avantgardistischsten. Viel eher sind diese Kästen Licht-/Schatten-Leitungsgehäuse, Lichtfän-ger, die Schatten produzieren und damit das Phänomen Raum sichtbar machen in poetischer Vielfalt, kontrastierend zur jener Idee von Raum, die eine perspektivische Skizze etwa provoziert. Letztere gibt Hinweise auf Längen-, Breiten-, Höhenrelationen, auf Winkel und Volumen. Rolf Urbans neuere Objekte schaffen sprachlich nicht fassbare, weil optisch ineinander verwobene Räume, die wir nicht über das Mass, sondern über Hell/Dunkel, Licht und Schatten, Hoch/Tief erfassen. Also wieder das Gegenspiel, wie beim Positiv/Negativ des Drucks? Ja und Nein. Denn die Gegensätze des Dunkelsten und Hellsten etwa sind überlagert durch die Stufen der Helligkeit, durch die das Licht selbst die Regie führt, oder besser, durch die das Licht diese Gebilde malerisch erschliesst, atmosphärisch durchdringt.
Gestuft, geschichtet, gegeneinandergesetzt – das sind die strukturellen Kennzeichen der schwarz/weissen Foto-/Laserprintobjekte von Rolf Urban. Die Grauwerte, Maserungen, Falten und sonstigen Strukturen, die Raumdurchsichten und Lichtpfeile, die in diesen am Computer montierten und bearbeiteten Bildern zusammentreffen, verbinden sich zu leise rätselhaften, darum den Blick magisch anziehenden Un--Räumen. Oder Nicht-Räumen. Soll heissen, die Wahrnehmung von etwas Räumlichem ist sofort da, aber keines der Fotos lässt sich als erklärbare Raumsituation einwandfrei «auflösen». Raumkrimis. Sehkrimis. Natürlich hat es kei-nen Kriminalfall, kein Verbrechen, aber das genaue Sehen, das Unterscheiden, das Erkennen wird Sekunde für Sekunde des Zusehens geschult, der Blick «diskriminiert», unterscheidet in einem spannenden und unterhaltsamen Akt die Gegenstände, die via Foto und Computermontage schliesslich den Anschein von Raum ergeben.
Von hier aus zu den Zeichnungen und Bildobjekten zurück, erkennt man die Konsequenz, mit der Rolf Urban sich auch hier «im Raum» bewegt. Wobei das Blatt Papier in seiner Weisse zu Beginn für ihn ein Leerraum sein mag, in dem er zeichnerisch Orte setzt, Verbindungen zieht; die Holztafel jedoch, in die er schneidet, hat er im Gespräch als Materie gekennzeichnet, als Volumen, dessen Bezug zum Raum über die Lineamente, über Fehlflächen, die Farbe und die Schattentiefen hergestellt wird.
Was macht der Holzschneider, der doch eigentlich keiner ist, weil er eher ein meist malerisch-plastisch ergründetes Phänomen – den Raum – umkreist, mit den 10 Druckseiten, die ihm die Xylon-Zeitschrift einräumt? Man wird es mit Spannung betrachten.

 

Regina Lange

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