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«Schnittfolge 1»
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«Schnittfolge 2»
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«Schnittfolge 3»
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«Schnittfolge 4»

Als Schnittfolgen bezeichnet Martina Geist die Blätter, die sie für die vorliegende Ausgabe von XYLON entwarf. Trotz der im Titel angedeuteten Aneinanderreihung verschiedener Holzschnitte, unternimmt Geist jedoch keine strenge systematische Untersuchung über das Abwandlungspotenzial der gewählten Formensprache. Farbe und Fläche scheinen viel eher assoziativ nebeneinander gesetzt zu sein. Sowohl in ihren Holzschnitten als auch in den Zeichnungen und Collagen setzt sich die Künstlerin seit Ende der 1980er Jahre immer wieder intensiv mit verschiedenen Raumkonstruktionen auseinander, die in ihrer Eigenschaft ein Körpervolumen umschreiben: Die verschiedenen Gefässe, Säulen oder Truhen stehen Blättern gegenüber, die alleine durch plane Farbfelder konstruiert werden. Gemeinsam ist ihnen, dass die Künstlerin spielerisch verschiedene Konstellationen auf einer zweidimensionalen Fläche erprobt, um damit einen dreidimensionalen Eindruck zu evozieren. Entstanden sind abstrahierende, nicht aber abstrakte Gebilde. In ihren Ausführungen erinnern diese an Klees theoretische Forderungen, die er um 1928 in seiner Lehre von den geometrischen Objekten in einer Ebene («Planimetrische Gestaltungslehre») formulierte: Das Verhältnis von Gegenstand und Raum solle zwischen den beiden Polen rational und irrational pendeln. Dieses Wechselspiel und ihre Modifikationen könne für den Gestaltungsprozess produktiv genützt werden.
Dass es ihr dabei immer um ein Ausloten der Relation zwischen Form, Raum und Farbe geht, kann in den vorliegenden Arbeiten nachvollzogen werden. Die methodische Abstimmung der verschiedenen Flächen erzeugen einmal die Vorstellung von Faltobjekten und erinnern ein andermal wieder an Raumelemente, wie sie für die Unterteilung verschiedener Kompartimente eingesetzt werden. In «Schnittfolge 1» besteht das an den oberen linken Rand gesetzte Element aus zwei verschiedenen rechteckigen Schablonen, die mit einem kleinen vertikalen Abstand in den Farben blau und schwarz nebeneinander gesetzt wurden. Die am rechten Rand angeschnittene Konstruktion ist hingegen aus einer einzigen Druckform hergestellt. Die Form nimmt Bezug auf die Abbildung auf dem Umschlag. Eine bildliche Abfolge ergibt sich dadurch: Je zwei Blätter der Folge referieren miteinander: «Schnittfolge 1 und 2» lassen an verschieden gesetzte Raumelemente denken; «Schnittfolge 2 und 3» an mehr oder weniger aufgeklappte Objekte.
Geist fertigt die Druckformen aus Sperrholzplatten an. Dabei kommen zwei Verfahren parallel zur Anwendung: Zum einen werden – im traditionellen Vorgehen – die Liniengefüge ins Holz geschnitten. Gleichzeitig sägt sie die Hölzer an ihren Rändern in den gewünschten Konturen zu. Handwerkliche Spuren werden nicht getilgt. Die Kanten können brüchig sein und dort, wo das Holz splittert, sind die Ausbrüche im fertigen Druck dann sichtbar.
Ein weiteres bestimmendes Gestaltungselement in ihren Untersuchungen der Verhältnisse von Körper und Raum sind die verschiedenen Eigenschaften von Farbe: Ein Durchschimmern der Pigmente erreicht die Künstlerin, indem sie über das Schwarz die Farbe Blau druckt. «Schnittfolge 3» ist zudem mit einer lasierenden Schicht überzogen, was den dreidimensionalen Effekt noch verstärkt. In der Regel arbeitet die Künstlerin vor allem mit Japan- oder Chinapapier, deren Beschaffenheit eine gewisse Durchlässigkeit der Pigmente garantiert. Zudem übernimmt der Bildträger die Funktion eines weiteren Gestaltungsmittels, denn er erinnert an einen «White Cube», in dem die verschiedenen geometrischen Formen zueinander in Beziehung gestellt und durchdacht inszeniert werden. Durch dieses Variieren mit den Formen, Kompositionsflächen und Farbschichtungen erhalten Geists Holzschnitte eine schwebende Plastizität.

 

Bernadette Walter

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