Die Arbeiten die als Vorlage für die Druckplatten der Serie Land Unter dienten, entstanden während eines Aufenthalts auf Sylt, der durch das Erwine Steinblum Stipendium für junge Kunst gefördert wurde.
Sylt ist die nördlichste der deutschen Nordseeinseln. Dieser karge aber malerische Streifen Land misst an seiner schmalsten Stelle nur 650 Meter und ist mit seiner Westküste den ständigen Tosen des Atlantiks ausgeliefert. Mit schwerem Gerät trotzen die Insulaner dem Meer jedes Jahr kostbare Meter Land wieder ab, die die Winterfluten ins Meer gerissen hatten. Aber auch der Immobilienboom, der durch den Ruf der Insel als Paradies der schönen und Reichen angeschürt wird, verschlingt immer mehr Fläche mit ungehemmter Bauaktivität.
Als ich mit meinen Eltern zum ersten und einzigen mal auf Sylt Urlaub machte, müssen meine Geschwister und ich etwa im Kindergartenalter gewesen sein, wie es meine Kinder heute sind. Seitdem sind über 30 Jahre vergangen.
Die Zeichnungen entstanden abends aus der Erinnerung, statt direkt in der Natur. Die Druckplatten habe ich erst zurück in Berlin geschnitten. Durch diesen Prozess haben sich meine Kindheitserinnerungen mit den frischen Eindrücken eines Vaters, der die Natur nun durch seine eigenen Kinder wieder neu erlebt, überlagert. Der Linolschnitt, der naive Vereinfachung und kindliche Offenheit mit unsentimentalen, groben und entschlossenen Kontrasten vereint, ist besonders geeignet diese beiden widersprüchlichen Sichtweisen wieder zu geben. Die Perspektiven und Bildausschnitte sind so gewählt, dass sie den Blickwinkel eines Kindes entsprechen.
Zudem fasziniert mich die Verwundbarkeit dieses Streifen Landes, der dem Einfluss der Zeit so ausgeliefert scheint. Dies ist einer der ersten Orte in Deutschland in denen sich die Folgen unseres gedankenlosen Umgangs mit der Umwelt in Erscheinung treten werden. Doch ist es gerade Zerstreuung und die Suche nach «Gedankenlosigkeit» die die Urlauber hier suchen. Die Gesellschaft auf Sylt ist vom Meer eingeschlossen, ihr Fassungsvermögen begrenzt. Das Leben auf der Insel ist von Grenzgängen bestimmt.
Darum stehen oft Grenzen und Übergänge im Mittelpunkt der Kompositionen. Übergänge die Land und Meer und Himmel miteinander verschmelzen lassen. Übergänge Geographischer Natur, aber auch Übergänge der Gedanken. Trennungslinien die sich verwischen unscharf bleiben, sich nicht ganz fassen lassen, wie das Vor und Zurück der ständig am Strand leckenden Wellen.
Ruprecht von Kaufmann
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